Dass Corto Maltese von so starken Gefühlen wie Mordlust getrieben wird, ist neu. Noch dazu wegen einer Frau! Bisher endeten seine Beziehungen eher beherrscht bis britisch-unterkühlt…und nicht mit einer Verfolgung über zwei Kontinente hinweg. Auch beim Knacken eines Tresors hätte man den weltenbummelnden Kapitän nie erwartet, mit Bösewichten wie Rasputin war er nur befreundet. Dem Zeitgeschehen gegenüber verhielt sich Corto bislang beobachtend bis ironisch-kommentierend, aber das ist im Jahr 2002 endgültig vorbei.
In dieser Episode geht es so hart zu wie noch nie. Nicht erst am Ende ähnelt Corto Maltese einem zerrupften Odysseus, dem man alle ausgestandenen Qualen ansieht. Und so erleben wir einen Corto mit der Schusswaffe in der Hand, die er auch abfeuert.
Die Frau in der Geschichte heißt Semiramis nach der antiken Herrscherin von Babylon. Diese wiederum wird von manchen Gelehrten mit der
Semiras Freund Celo auf Ishtar gleichgesetzt, der dem Foto von Annie Leibovitz Göttin von Krieg & Liebe. Cortos Semira hat von beidem viel mitbekommen, nicht immer freiwillig. Für sie wie für Ishtar hängen Krieg und Liebe zusammen. Liebe in der Spielart „Heirat” jedoch war nie Cortos
Bestreben.

Hier nun – inmitten von Kampf und Tod – wird sie ihm seltsamerweise ständig nahe gebracht: seine Ex-Liebe Freya begegnet ihm auf dem Markus- platz im Brautkleid, der Gondoliere rät ihm, Semira zu heiraten, die Zigeuner spielen Hochzeitsmusik bei der
Beerdigung.

Letzten Endes gibt es für Corto als echten Venezianer nur die Festa della Sensa, die traditionelle Vermählung des Dogen mit dem Meer. Aber immerhin ist Corto der Piraterie treu geblieben..